Mit Strafrecht explodiert die Quote:Lesung mit Barbara Salesch
Bückeburg (mm-27.02.15). „Eine Lesung muss nicht langweilig sein“, zog Ruth Harmening vom Vorstand der Senioren Union Bückeburg nach 90 kurzweiligen Minuten ein positives Fazit. Zum ersten Mal hatte die Senioren Union Mitglieder und Gäste zu einer Lesung eingeladen. Es spricht für die Popularität der Richterin Barbara Salesch, dass über 150 Besucher am Nachmittag in den Le Theule Saal des Rathauses gekommen sind und von Friedrich Pörtner begrüßt wurden.
Barbara Salesch (64) ist deutschlandweit bekannt geworden durch die Ausstrahlung von 2.147 Folgen einer TV-Gerichtsshow, die bei SAT 1 bis zum 13. April 2012 gelaufen ist. Sie hat eine Biographie für Frauen geschrieben, das von „der Lust auf Veränderung und wie befreiend Neuanfänge sein können“ handelt. Viele Frauen würden sich nicht trauen, dabei komme es nur „auf den ersten Schritt“ an.
Juristen lieben Gliederung, also hat sie das Buch in die vier Teile Jugend/Studium, Juristin, Fernsehrichterin und Künstlerin unterteilt. Nach ihrer Geburt 1950 in Karlsruhe sei ihr Vater erst einmal fassungslos gewesen, dass es „nur ein Mädchen und nicht der gewünschte Stammhalter“ geworden ist. Da sie aber ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten sehr ähnlich sah, war das mit dem Mädchen egal und sie wurde wie ein Stammhalter erzogen.
Nach dem Motto „du schafft das schon“ hätten ihr die Eltern die Grundlagen gegeben, Chancen zu ergreifen und Risiken einzugehen. Die Mutter habe an erster Stelle gestanden, wenn es um Verantwortung ging, so auch bei schlechten Schulnoten der Tochter. Es sei, so Salesch, eine wunderbare Kindheit gewesen. Als sie Architektin werden wollte, war der Vater der Meinung, sie sei nicht der Typ dafür. „Jura ist nie verkehrt, Juristen werden überall gebraucht“, lautete die Alternative.
Während des Studiums habe sie schnell 13 Kilogramm zugenommen. „Ich bin eine gute Futterverwerterin und Weltmeisterin im Anfangen von Diäten“, räumt sie mit viel Selbstironie ein. Als die Entscheidung Zivilrichterin oder Strafrichterin anstand, entschied sie sich für die Staatsanwaltschaft in Hamburg. Nach drei Jahren kam immer wieder mal etwas Neues, „das hatte viel mit Zufällen“ zu tun. „Ich war immer von Männern umgeben, nicht weil sie so gut sind, sondern weil sie Männer sind“, blickt sie zurück und stellt fest, „dass wir von der Gleichberechtigung weit entfernt“ sind.
Vor dem Casting hatte Salesch Bedenken, weil sie glaubte, „Zivilrecht nicht mehr zu können“. Die bekannte Journalistin und Produzentin der Sendung, Gisela Marx, beruhigte sie, „was nicht passt, schneiden wir heraus“. Salesch kannte dies aus dem Gerichtsalltag natürlich nicht und hatte an Live-TV gedacht. Als Richterin hatten bei ihr die Verhandlungen immer etwas länger gedauert, „weil ich die Bedeutung des Zuhörens kenne und weiß, dass die Parteien etwas erzählen wollen, auch wenn nicht alles rechtlich relevant ist.“
Im Fernsehen musste sie nach 44 Minuten fertig sein bis hin zur Rechtsmittelbelehrung. Es sei ein Spagat zwischen Unterhaltung und Recht gewesen. Die Sendung wurde abends aber bald abgesetzt, weil sich niemand für das Zivilrecht interessierte und dafür mittags ein Sendeplatz mit Fällen aus dem Strafrecht gefunden. „Dann explodierte die Quote“, erinnert sich Salesch. Im dritten Jahr habe man drei Millionen Zuschauer gehabt.
Ihre große Leidenschaft ist schon lange die Kunst gewesen, so dass sie in Bad Reichenhall ein Kunststudium aufgenommen hat, um sich nach dem Ende der TV-Richterin als Malerin und Bildhauerin betätigen zu können. „Ich muss weiter arbeiten, berichtet Salesch, die sich in Neuenknick einen Bauernhof gekauft hat, wo sie heute lebt. „Es ging mir nicht besser als jeden Idioten, der ein altes Haus kauft – ich habe es aber nicht eine Sekunde bedauert“, so Salesch.
Foto 1: Barbara Salesch
Foto 2: Großes Gedränge der Besucher vor Beginn der Lesung
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