Wenn Not ein Gesicht bekommtFlüchtlinge berichten in IGS-Immanuel aus ihrem Leben
Bückeburg (mm-24.08.16). „Wie war es auf dem Flüchtlingsschiff? Was haben Sie im Irak beruflich gemacht? Wann darf man als Flüchtling in Deutschland arbeiten? Geht ihr Sohn in den Kindergarten? Sind die Deutschen freundlich? Wie viele Deutschkurse muss ein Flüchtling machen, um arbeiten zu dürfen? Sind einige Flüchtlinge traumatisiert und erhalten sie Therapien?“
Im Rahmen des GEWI-Unterrichts hatten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 der IGS-Immanuel Fragen vorbereitet, die die 2014 aus dem Irak geflüchteten Brüder Azam und Aziz K., unterstützt von den Flüchtlingssozialarbeitern Michael Hendel und Mia Kaluza, geduldig beantworteten. Azam und Aziz K. gehören zu der kurdisch sprechenden religiösen Minderheit der Jesiden, die seit vielen Jahren im Irak von der ISIS verfolgt wird. Von 2007 bis 2014 wurden mehr als 60.000 Jesiden auf brutale Weise getötet.
Es war der 3. August 2014, als sich Azam und Aziz, seine Frau und zwei kleine Kinder auf die Flucht begaben. Im Irak gehörten ihnen mehrere Wohnungen und ein Markt. Azam arbeitete als Verwaltungsangestellter im elterlichen Betrieb, Aziz bei der Polizei. Sie verkauften ihren Besitz, um mit dem Geld ein Schiff in die Türkei zu bezahlen. Fünf Tage lang waren sie auf dem Mittelmeer unterwegs, mit 74 Personen auf einem 12 x 2,50m großen Boot. Ihr Essen hatten sie in Rucksäcken mitgebracht.
Von der Türkei ging es über Italien, Mazedonien, Serbien, Slowenien und Österreich zunächst nach München. Für jedes Teilstück ihrer Reise zahlten die Brüder eine Menge Geld, so kostete die Autofahrt von Österreich nach München allein 1000 Euro. Aufgrund des „Easy Verfahrens“, dies besagt, dass Flüchtlinge gleichmäßig auf die einzelnen Bundesländer verteilt werden, wurden die Brüder zunächst in verschiedene Städte in Erstaufnahmelager gebracht. Erst seit einigen Monaten ist die Familie wieder in Bückeburg vereint. Azam K. betonte mehrfach, wie freundlich die Deutschen und wie dankbar sie für das deutsche Sozialsystem seien.
Bislang hatten die meisten Schüler solche Fluchtgeschichten lediglich in den Medien hört oder gesehen, nun bekam das Thema „Flüchtlinge“ mit einem Mal ein Gesicht. Unter den Schülern herrschte großes Interesse an den Geschichten der beiden Iraker. Foto: pr
Foto: AWO Sozialarbeiter Michael Hendel und Mia Kaluza, Schulsozialarbeiterin der Immanuel-Schulen, Katharina Falk, Azam und Aziz K. sowie einige Schüler der 9. Klasse der IGS Immanuel-Schule nach der Fragestunde zum Thema „Flüchtlingsarbeit“ im Unterricht.
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