Umbruch, Wandel und Gewalt„Entscheidungsjahre in Schaumburg“
Bückeburg (mm-18.08.20). Im Jahr 2018 veranstaltete die Historische Arbeitsgemeinschaft für Schaumburg eine Vortragsreihe zu wichtigen Erinnerungsjahren in Schaumburg, die mit der Jahreszahl „8“ enden und die weitreichende Auswirkungen für das Schaumburger Land nach sich zogen. Die Schaumburger Landschaft hat sich aufgrund des großen Interesses entschlossen, die Vorträge zu veröffentlichen.
Der von Stefan Brüdermann (Foto) herausgegebene Band mit dem Titel „Entscheidungsjahre in Schaumburg. Vom Dreißigjährigen Kriege bis zum Novemberpogrom“ erscheint als Band 25 in der Reihe Kulturlandschaft Schaumburg im Wallstein Verlag, Göttingen. Der Band enthält 128 Seiten mit 18 Abbildungen und ist zum Preis von 16,00 Euro im Buchhandel erhältlich (ISBN: 978-3-8353-3741-1).
Stefan Brüdermann behandelt den 1618 begonnenen Dreißigjährigen Krieg, in dem Schaumburg nie einem der verfeindeten Bündnisse angehört hat. 1633 wurde Schaumburg Schauplatz einer der blutigeren Schlachten des Dreißigjährigen Krieges, als bei Hessisch Oldendorf Truppen der evangelischen und der katholischen Seite aufeinandertrafen.
Die weitaus meisten Menschen, auch unter den Soldaten, starben nicht durch unmittelbare Gewalt, sondern durch Hunger und Seuchen, verursacht durch den Krieg. Es waren nicht die großen Schlachten, die das am Krieg eigentlich unbeteiligte Land schädigten, sondern die damit verbundenen Durchzüge und Aufenthalte von Truppen, die erzwungenen Abgaben von Geld, Vieh und Nahrung sowie zusätzlichen Plünderungen und Gewalttaten. Am Ende des Krieges wurde das Land infolge des Aussterbens der Grafendynastie Holstein-Schaumburg geteilt.
Nicolas Rügge (Hannover) schildert die Ereignisse des Revolutionsjahres 1848, in dem bemerkenswerte Initiativen in Schaumburg-Lippe versandeten, weil in der „Kleinstmonarchie“ der Parlamentarismus nicht in Gang kam. Die Schaumburger suchten keine „Konfrontation“, sondern bemühten sich, ihrem Fürsten „Brücken zu bauen“.
Die „Revolution“, so Rügge, habe in der Residenzstadt auf kleiner Flamme geköchelt. Dennoch habe die „48er Revolution in Schaumburg-Lippe zum ersten Male starke politische Emotionen freigesetzt und breite Bevölkerungskreise für liberale und demokratische Ideen begeistert.“
Jörn Ipsen (Osnabrück) befasst sich mit den Eigenheiten der ersten parlamentarischen Verfassung Schaumburg-Lippes aus dem Jahr 1868 und ihrer Vorgeschichte. Er resümiert, dass im Fürstentum Schaumburg-Lippe das monarchische Prinzip so sehr im Bewusstsein der Bevölkerung verankert war und die Verfassung keinen vergleichbar gefestigten Bestand hatte, „dass Rechtsbrüche (Staatsstreich) durch den Fürsten wie die Nichteinberufung der Ständeversammlung ohne größere politische Risiken gewagt werden konnten.“
Karl H. Schneider (Obernkirchen) betrachtet Schaumburg-Lippes Weg in die Revolution von 1918 mit der Abdankung des Fürsten im Kontext der Revolution in Deutschland. „In Schaumburg wollte man 1918 anders als in Braunschweig keine sozialistische Revolution“, so Schneider. Es habe zwar eine zahlenmäßig große Arbeiterbewegung gegeben, die aber praktisch komplett der gemäßigten MSPD angehört haben dürfte.
Frank Werner (Hamburg/Hess. Oldendorf) untersucht die Schaumburger Vorgänge während des Judenpogroms im November 1938 („1938 – Nächte des Schreckens. Die Novemberpogrome in beiden Teilen Schaumburgs: Ereignisse, Mythen, Rätsel).