Protest und Aufbruch
Neues Buch von Lu Seegers: „1968 – Gesellschaftliche Nachwirkungen auf dem Lande“

Bückeburg (mm-25.08.20). 2018 jährten sich die Ereignisse des bedeutsamen Jahres „1968“ zum 50. Mal. „1968“ steht nicht nur für eine politische Bewegung, die vor allem im Protest gegen den Vietnamkrieg und den USA ihr einigendes Motiv fand. Zudem fand ein Aufbruch in Alltagskultur und Lebensstil statt, der bereits Ende der 1950er Jahre einsetzte und mit Begriffen wie „Partizipation“ und „Mitbestimmung“ verbunden ist.

„1968“ habe, so Lu Seegers (Foto) im Pressegespräch, immer polarisierend gewirkt. „Die einen betrachten die ‚Studentenrebellion‘ als wichtigen Anstoß für die Liberalisierung der Bundesrepublik, die anderen, darunter jüngst auch Rechtspopulisten, sehen in ‚1968‘ hingegen die Zerstörung eines bis dahin intakten politischen und moralischen Wertesystems.

Bislang richtete sich der Blick immer auf die großstädtischen Protestzentren, während die gesellschaftlichen Auswirkungen von „1968“ auf den ländlich-kleinstädtischen Raum nicht debattiert wurden. Diesen Fragen ging die Schaumburger Landschaft 2018 in Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover und dem Förderverein Ehemalige Synagoge Stadthagen e.V. im Rahmen einer wissenschaftlichen Fachtagung nach.

Die Ergebnisse sind in dem Buch „1968 Gesellschaftliche Nachwirkungen auf dem Lande“ enthalten, herausgegeben von Lu Seegers, erschienen in der Reihe: Kulturlandschaft Schaumburg Band 23, Wallstein-Verlag, 341 Seiten mit 16 Abbildungen, ISBN 978-3-8353-3457-1, und zum Preis von 22,00 Euro im Buchhandel erhältlich.

Dabei zeigte sich, dass die mit „1968“ verbundene Jugendrevolte sich auch auf eine veränderte Wahrnehmung der Provinz stützte. Es waren vielfach junge Leute aus ländlichen Regionen, die seit den 1960er Jahren in den Groß- und Universitätsstädten studierten und neuartige Erfahrungen und Impulse wieder mit zurückbrachten. Der ländliche Raum schien über die Medien, eine höhere Mobilität und breitere Bildungsangebote stärker als je zuvor mit „der Welt“ verbunden zu sein.

Die Beiträge der Historikerinnen und Historiker beleuchten den Struktur- und Kulturwandel auf dem Lande (Gunter Mahlerwein, Detlef Siegfried), die Rolle der kirchlichen Jugend- und Bildungsarbeit (Claudia Leppe, Hans Otte) und den Umgang der niedersächsischen Heimatbewegung mit den neuen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen (Dietmar von Reeken).

Lisa Tanten untersucht die Schülerbewegung im Schaumburger Land am Beispiel des Ratsgymnasiums in Stadthagen. Julia Paulus beschäftigt sich mit der Präsenz der Frauenbewegung auf dem Land und Birgit Metzger mit den Chancen und Problemen der Umweltbewegung unter anderem am Beispiel des Protests gegen die Giftmülldeponie in Münchehagen. In dem Themenbereich Arbeit und Freizeit geht es um die Lehrlingsbewegung und Gewerkschaftsjugend auf dem Land (Knud Andresen).

David Templin untersucht die Entstehung der westdeutschen Jugendzentrumsbewegung, und Jonathan Voges nimmt das Heimwerken als (männliche) Freizeitbeschäftigung in Regionen wie Schaumburg ab den 1960er Jahren in den Blick.
Ferner werden alternative Lebensformen in West- und Ostdeutschland seit den frühen 1970er Jahren beachtet: Herausgeberin Lu Seegers untersucht mit Hilfe von Zeitzeugeninterviews in ihrem Beitrag zwei alternative Wohnprojekte im Schaumburger Land. Daniela Münkel analysiert erstmals die Proteste in ländlichen Regionen der DDR im Zuge des „Prager Frühlings“; und Rebecca Menzel vergleicht alternative Lebensmodelle in Ost und West.

Kurz-URL: https://www.bueckeburg-lokal.de/?p=55163

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