„X“ wie e(X)trem vielseitig
Fortsetzung unserer Serie über das THW-ABC

Bückeburg (mm-04.05.22). Im Westen der Stadt Bückeburg, an der Petzer Straße gelegen, befindet sich ein eingezäuntes Gelände. „Was ist das hier? Was passiert dort?“ Drei große Buchstaben sind hier zu finden, die blau-weiß eingerahmt sind. Seit 1982 befindet sich das Technische Hilfswerk (THW) an diesem Standort. Bückeburg-Lokal setzt die Serie über das THW-ABC mit einem Bericht von Manuel Laeuffer fort.

„X“ wie e(X)trem vielseitig

Fast jeder kennt sie. Die drei großen, weißen Buchstaben. Meist sieht man sie auf blauen Fahrzeugen. Wenn das Technische Hilfswerk (THW) unterwegs ist, muss es nicht gleich eine Katastrophe sein. Oftmals sind es Ausbildungen oder Übungen, die für den THW-Alltag sehr wichtig sind.

Doch was steckt eigentlich noch hinter der Hilfsorganisation, die als Bundesanstalt zum Geschäftsbereich des Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat gehört? In diesem Artikel bringen wir die Struktur, die umfangreiche Technik, aber auch die Menschen, die sich im THW engagieren ein wenig näher.

Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk wurde am 22. August 1950 gegründet. Grundlage dafür war eine Vereinbarung zwischen dem damaligen Bundesinnenminister Gustav Heinemann und Otto Lummitzsch. Lummitzsch war schon Gründer der Vorgängerorganisation des THW, der Technischen Nothilfe (TN).

Er wurde auch erster Direktor des THW und konnte es bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden im April 1955 auf 377 Ortsverbände mit rund 40.000 verpflichteten Helfern ausbauen. Lummitzsch erhielt anlässlich seiner Abschiedsfeier das Große Bundesverdienstkreuz verliehen. Er starb am 9. Dezember 1962 in Bonn.

Mittlerweile hat sich das THW zu einer modernen Hilfsorganisation entwickelt, die in ihrer Struktur weltweit einzigartig ist. Die Leitung dieser Behörde obliegt der THW-Leitung in Bonn, ihr steht der Präsident vor. Seit Januar 2020 ist dies Gerd Friedsam.

Basis dafür sind die bundesweit 668 Ortsverbände, verteilt auf die acht Landesverbände (LV):

  • Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern mit Sitz in Kiel
  • Bremen/Niedersachsen mit Sitz in Hannover
  • Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Hilden
  • Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt mit Sitz in Berlin
  • Sachsen, Thüringen mit Sitz in Altenburg
  • Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland mit Sitz in Mainz
  • Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart
  • Bayern mit Sitz in München.

Jeder LV teilt sich dann noch mal in etwa acht Regionalstellen auf, die dann jeweils acht bis elf Ortsverbände verwalten. Neben der Verwaltungsstruktur betreibt das THW in Hilden und Mainz noch je ein Logistikzentrum, um den Materialbedarf in den Ortsverbänden bzw. für Einheiten in Auslandseinsätzen bedienen zu können, sowie Ausbildungszentren in Hoya, Neuhausen a.d. Fildern und Brandenburg a.d. Havel.

Das THW ist in seiner Einsatzstruktur sehr breit aufgestellt. Nach den Starkregenereignissen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz leistete das THW insgesamt rund 2,3 Millionen Einsatzstunden. Es war der bisher größte Einsatz in der Geschichte der Bundesanstalt.

Die Auswirkungen der Flutkatastrophe forderten das gesamte Spektrum der Fähigkeiten des THW. So wurden im gesamten Katastrophengebiet Gebäude gesichert, Straßen und Wege von Trümmern geräumt und hergerichtet, etliche, zerstörte Brücken durch provisorische Brücken ersetzt, Instandsetzungen von Ver- und Entsorgungsleitungen durchgeführt, mehrere Millionen Liter Trinkwasser aufbereitet und verteilt, Gefahrstoffe wie Heizöl-Wassergemische separiert und vielerorts logistische Unterstützung geleistet.

Auch bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie leistete das THW 2020 und 2021 beim Bau von Impfzentren, bei logistischen Aufgaben oder auch der Fachberatung Hilfe. Um in diesem Umfang bundesweit Hilfe leisten zu können, stehen den THW-Angehörigen rund 10.000 Fahrzeuge und Anhänger zur Verfügung.

Sie teilen sich auf die 668 Ortsverbände in 730 Bergungsgruppen sowie 1717 Fachgruppen auf, wovon sich 652 Mal die Fachgruppe Notinstandsetzung/ Notversorgung ergibt.

Die gesamte Bandbreite verteilt sich auf folgende, weitere Schwerpunkte:

Bergung, Brückenbau, Einsatznachsorge, Elektroversorgung, Führung + Kommunikation, Infrastruktur, Logistik Materialwirtschaft, Logistik Verpflegung, Notinstandsetzung / Notversorgung, Ortung, biologisch + technisch, Ölschaden, Räumen, Schwere Bergung, Sprengen, Trinkwasserversorgung, Wassergefahren, Wasserschaden / Pumpen, System Bereitstellungsraum 500, Trupp Einsatzstellensicherungssystem, Trupp Mobiler Hochwasserpegel, Trupp Schwerer Transport, Trupp Unbemannte Luftfahrtsysteme, Zugtrupp Fachzug Logistik, Zugtrupp.

Für Auslandseinsätze gibt es darüber hinaus die Schnell-Einsatz-Einheiten und Module: Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland (SEEBA), Schnell-Einsatz-Einheit Wasser Ausland (SEEWA), Schnell-Einsatz- Einheit für Logistikabwicklung im Lufttransportfall (SEELift), High Capacity Pumping (HCP) (Pumpenmodul für Hochwasserschadenslagen), Emergency Temporary Shelter (ETS) (Bau von Not- und Behelfsunterkünften), Technical Assistance Support Teams (Tast) (Erkundungs- und Koordinierungsunterstützung).

Bundesweit engagieren sich über 80.000 Menschen beim THW, davon rund 15.000 Jugendliche in den örtlichen Jugendgruppen. Nur etwa 1900 Mitarbeiter/innen arbeiten hauptamtlich beim Technischen Hilfswerk. Ihre Aufgaben nehmen sie in den Regionalstellen, den Dienststellen der Landesverbände, den Ausbildungszentren oder den Logistikzentren wahr.

Außerdem bietet das THW jährlich bis zu 2.000 Plätze für den Bundesfreiwilligendienst an. Der Dienst in den Ortsverbänden findet auf rein ehrenamtlicher Basis statt. Hier kommen engagierte Menschen in ihrer Freizeit regelmäßig zu Ausbildungsdiensten und Übungen zusammen, um ihre Fähigkeiten mit den technischen Geräten und Fahrzeugen zu trainieren. Menschen, die sonst beruflich eingebunden sind.

Hier ist die gesamte Bandbreite der Berufsbilder zu finden. Finanzbeamte, Ingenieure und Fleischer, aber auch Logistiker, Menschen aus Pflegeberufen, aus dem Bauhandwerk oder der Körperpflege leisten jedes Jahr ihren Beitrag für das Technische Hilfswerk, oft um einen Ausgleich zum Berufsalltag zu bekommen.

Auch Helfer, die beruflich in Schichtarbeit tätig sind, bringen sich mit ein. „Ich arbeite in Schichtarbeit bei einem großen Einzelhandelsunternehmen. Mein Arbeitgeber unterstützt mich sehr bei meiner Tätigkeit im THW. So war ich im letzten Jahr insgesamt 17 Tage im Ahrtal, um dort nach den Starkregenfällen zusammen mit anderen Helfern aus meinem Ortsverband Hilfe zu leisten. Auch wenn es um den Besuch von Lehrgängen geht, haben meine Vorgesetzten immer ein offenes Ohr“, berichtet Helfer Manuel Laeuffer.

Helfer Philipp Arndt ist im öffentlichen Dienst tätig: „Mein Dienstherr steht mir zur Seite und unterstützt mich sehr unbürokratisch bei meiner ehrenamtlichen Tätigkeit beim THW. Darüber freue ich mich sehr und das motiviert mich auch im Job. Zwei Beispiele, wie Beruf und Ehrenamt Hand in Hand gehen können. Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk ist eine Behörde, deren Fundament Menschen sind, die mit Herzblut und Freude, aber auch mit Fachkenntnissen und Fähigkeiten der Gesellschaft helfen, wenn sie Hilfe braucht.

Wann wirst du einer von uns? Komm vorbei und lass dich vom Technischen Hilfswerk begeistern. Wir treffen uns jeden Dienstag ab 19.00 Uhr an der Petzer Straße 19i in Bückeburg. Foto: Marion Waltemathe

Foto 1: Die beiden Helfer Manuel Laeuffer und Philipp Arndt engagieren sich ehrenamtlich beim THW.

Kurz-URL: https://www.bueckeburg-lokal.de/?p=65615

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