„Die Soziologie des Kinos fesselt mich“Geschichte der Lichtspielhäuser des Schaumburger Landes
Bückeburg (mm-15.06.20). Ralf Wente, 1964 in Stadthagen geboren und in Schaumburg aufgewachsen, ist Autor des Buches „Lichtspiele im Schaumburger Land“, das im Göttinger Wallstein Verlag GmbH erschienen ist. „Die Soziologie des Kinos fesselt mich“, erläuterte Wente in Anwesenheit von Dr. Stefan Brüdermann, Vorsitzender der Historischen Arbeitsgemeinschaft für Schaumburg, und Dr. Lu Seegers, Geschäftsführerin der Schaumburger Landschaft, im Pressegespräch. Im Jahr 2020 jährt sich der Geburtstag des Films zum 125. Mal.
„Kino in Schaumburg ist für mich ein neues interessantes Thema“, meinte Dr. Brüdermann. Er habe nicht gedacht, dass das Thema so viel hergibt und nicht mit einem über 350 Seiten starken Buch gerechnet. Brüdermann dankte der Schaumburger Landschaft und den Stadtwerken Schaumburg-Lippe, die sich finanziell an den Druckkosten beteiligt haben. Der Historikerin Dr. Lu Seegers war bekannt, dass es Literatur zur Film- und Kinogeschichte in den Großstädten gibt; sie bewertete „diese Arbeit aber für Schaumburg und überhaupt den ländlichen Bereich als interessant.“
Im ersten Kapitel erfährt der Leser wissenswerte Details über die Geschichte des Kinos. Am 1. November 1895 wurde im Wintergarten-Varieté in Berlin vor 1.500 Zuschauern mit einem grandiosen Erfolg die weltweit erste öffentliche Filmvorstellung durchgeführt. Dieses zum Filmpalast ausgebaute „Tivoli-Theater“ hat bis Ende 1993 existiert.
Ab März 1933 waren die Kinos dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterstellt. Die Lichtspieltheater wurden Bestandteil des riesigen Propagandaapparates des Dritten Reiches. In den 1950er Jahren erlebte das Kino seine größte wirtschaftliche Blüte und wurde zu einer etablierten sozialen Einrichtung.
„Der Besuch eines Filmtheaters resultierte einerseits aus dem Bedürfnis nach Entspannung und Zerstreuung, aber auch nach Informationen und Wissen durch Wochenschau und Dokumentarfilm“, so Wente zutreffend. 1956 soll mit 817,5 Millionen Besucherinnen und Besuchern das erfolgreichste Kinojahr in der Bundesrepublik gewesen sein.
In den 1970er Jahren sei der Zustand der Kinobranche „äußerst desolat“ gewesen. Die meisten Lichtspielhäuser waren in der Hoch-Zeit des Kinos in den 1920er bis 1950er Jahren errichtet worden und nun durch den geringeren Publikumszuspruch „überdimensioniert und unrentabel“.
In den weiteren Kapiteln dokumentiert Wente die Lichtspielgeschichte des Schaumburger Landes von ihren Anfängen bis heute, nennt die Namen der Lichtspielhäuser und geht auf die Geschichte der Schaumburger Filmtheater ein. In Schaumburg hat die erste Vorführung eines Films am 23. April 1897 im Saal des Hotel- und Restaurationsbetriebes „Fürstenhof“ in der Langen Straße 60 stattgefunden, wo fast auf den Tag genau 40 Jahre später mit dem „Residenz-Theater“ ein Kino eröffnet und „bis heute erfolgreich mit einer aktuell ausgereiften Digitaltechnik des 21. Jahrhunderts geführt wird.“
„Ralf Wente hat der ‚ländlichen‘ Kinokultur mit seinem Buch ein Denkmal gesetzt“, meint die erfolgreiche Filmproduzentin Regina Ziegler in einem Grußwort. „Kulturgeschichte als Heimatkunde – es ist zu wünschen, dass viele Menschen in dieser Geschichte lesen und sich womöglich in ihr, so wie ich, wiederfinden. Und dass sie nebenbei erfahren, dass der Kinofilm große und weniger gute Zeiten kennt, aber dass er nicht umzubringen ist“, so Ziegler, die in Obernkirchen ihre Kinder- und Jugendzeit verbracht hat.
Das Buch „Lichtspiele im Schaumburger Land“ von Ralf Wente ist 359 Seiten stark, enthält 143 zum Teil farbige Abbildungen, ist in der Reihe Schaumburger Beiträge im Auftrag der Historischen Arbeitsgemeinschaft für Schaumburg (Herausgeber Dr. Stefan Brüdermann) erschienen und ist für 29,00 Euro im Buchhandel ab sofort unter ISBN978-3-8353-3684-1 erhältlich.
Foto: An historischer Stätte vor dem Residenz-Theater an der Langen Straße präsentieren Dr. Stefan Brüdermann (v.li.), Ralf Wente und Dr. Lu Seegers das Buch „Lichtspiele im Schaumburger Land“.
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