Egg Hoppers und Joghurt aus BüffelmilchEindrücke einer Projektreise in Sri Lanka
Luhden (mm-03.04.16). Nach dem verheerenden Tsunami, der 2004 in Südostasien sehr viele Todesopfer forderte, allein in Sri Lanka kamen etwa 40.000 Menschen ums Leben, gründete Rajah Wirasekara zusammen mit deutschen Freunden im Januar 2005 den Förderverein „Sahana“ mit dem Ziel, betroffenen Menschen mit einer Flutopfer- und Wiederaufbauhilfe für Sri Lanka beizustehen. Im September 2015 besuchten Jutta Schmidt-Hauschildt aus Luhden und Sina Stahlhut als Förderinnen gemeinsam mit dem Vorsitzenden Rajah Wirasekara Sri Lanka und konnten sich von vielen Hilfsprojekten in Miyagala, im Südosten der Insel, selbst überzeugen. Im Gepäck hatten sie viele Hilfsgüter, wie Brillen, Schreibutensilien und vieles mehr. Jutta Schmidt-Hauschildt und Sina Stahlhut haben ihre Eindrücke von der selbst finanzierten Projektreise in einem Reisebericht festgehalten und mit Fotos Bückeburg-Lokal für eine Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.
„Während sich in den ersten Jahren nach der Katastrophe die Förderung überwiegend auf die Unterstützung von Opfern des Tsunami beispielsweise beim erforderlichen Wiederaufbau konzentrierte, wird inzwischen ebenfalls Bildung, Erziehung und Handwerk gefördert. Nach einer kurzen Eingewöhnung und Akklimatisierung in Unawatuna, im Süden Sri Lankas, begann am dritten Tag unsere Reise die Exkursion nach Miyagala.
Wir übernachteten in einem Gästehaus in Obbegoda. Dort wurden wir sehr gastfreundlich von den Einheimischen empfangen; und es wurden ausschließlich landestypische Gerichte zum Frühstück und Abendessen serviert. Das war eine riesen Erfahrung für uns. Zum Frühstück gab es zum Beispiel String Hoppers und Egg Hoppers und natürlich alles deftig und scharf. Abends gab es Indisches Reis und Curry, Gemüse in allen möglichen Variationen und natürlich immer schön typisch scharf gewürzt. Mit Long Bean und Wing Bean lernten wir außerdem einige neue Gemüsesorten kennen. Im Großen und Ganzen kann man von wahren Gaumenfreuden sprechen. Es gab kaum etwas, das uns nicht geschmeckt hat, zu unserer eigenen Überraschung. Selbst der Joghurt aus Büffelmilch mit Palmensirup „Treacle“ war für uns zwar befremdlich, jedoch durchaus ein Geschmackserlebnis.
In Miyagala begegneten uns direkt die ersten Förderprojekte. Während Miyagala, was mitten im Dschungel gelegen ist, vor wenigen Jahren nur über einen etwa 7 km langen Fußweg erreichbar war und mehrere Bäche durchquert werden mussten, wurde mit Hilfe von „Sahana“ und staatlicher Förderung der Hauptweg fast komplett ausgebaut. Über den größten Bach ist eine Brücke errichtet worden, über die zwei kleineren sind Übergänge gebaut worden, so dass man heute trockenen Fußes in den Ort kommt.
Viermal täglich fährt nun ein Bus zur nächstgelegenen Stadt Monaragala. Dies ist eine große Erleichterung für die Dorfbewohner, die Schulkinder und für diejenigen, die sich im Krankenhaus behandeln lassen müssen. Aber auch mit einem Tuk-Tuk kann man im Schneckentempo nun zwischen den Orten verkehren. Sogar Händler können Waren mit kleinen Transportern nach Miyagala bringen.
„Sahana“ hat durch Kollektivanträge Einfluss genommen, dass der Staat die in 2012 gesetzten Strommasten mit Stromleitungen entlang der Straße versehen hat und die Dorfbewohner, die es sich finanziell leisten können, eine Anbindung an das Stromnetz bekommen haben. Ungefähr 65 Schulkinder aus zwölf Gemeinden rund um Miyagala werden von Sponsoren mit einem Schulstipendium gefördert.
Bei den Patenschaften verpflichten sich die Eltern, die zum Teil selbst weder schreiben noch lesen können, ihren Kindern den regelmäßigen Schulbesuch zu ermöglichen. Dafür wird das Förderkind mit einer zusätzlichen Schuluniform, Schreibheften, Stiften, Schulranzen, Regenschirm und einem Paar wasserfesten Sandalen unterstützt und die Eltern somit finanziell entlastet. Jährlich organisiert Rajah Wirasekara Familientreffen an verschiedenen Treffpunkten sowie eine zentrale Versammlung für alle Förderkinder mit ihren Eltern.
Bei unserem ersten Dorfbesuch gingen wir, ausgerüstet mit ausreichend Trinkwasser und geeigneter Kleidung sowie wasserfestem Schuhwerk, von Miyagala zu einem Familientreffen nach Kukulanmulla. Uns stand ein Fußmarsch bei tropischen Temperaturen über etwa 5 km quer durch den Dschungel bevor. Wir wurden äußerst gastfreundlich empfangen und sofort nach unserer Ankunft mit frisch gepflückten Königskokosnüssen und Bananen sowie anderen leckeren lokalen Delikatessen verwöhnt. Rajah Wirasekara führte nacheinander mit den Förderkindern und deren Eltern ein Gespräch über die Entwicklung der Kinder und prüfte anhand von Aufzeichnungen des Lokalprojektkoordinators, ob sich die Eltern an den Gemeindeentwicklungsmaßnahmen beteiligen, was sich der Verein als Gegenleistung erwünscht.
Am nächsten Tag nahmen wir das Projektdorf Miyagala in Augenschein. Dort hatte der Verein von 2008 bis 2012 ein aufgrund Termitenbefalls eingestürztes Ethikschulgebäude (aus Lehm) wieder aufgebaut. Das Konzept dieser Sonntagsschule ist in Sri Lanka fest etabliert und liefert das Regelwerk für Ethik, Werte und Normen, soziale Kompetenz, Toleranz und fördert das harmonische Miteinander, wobei die Lehrer/innen ehrenamtlich arbeiten. An so einem Sonntags-Unterricht durften wir auch live dabei sein.
Es ist phänomenal, wie diszipliniert die Kinder diesem Unterricht folgen. Für uns unvorstellbar, werden da in einem Raum 10 Gruppen/Klassen mit 5-12 Kindern aller Altersgruppen zeitgleich, in unterschiedlichen Themen gelehrt. Obwohl die Kinder größtenteils schon einen sehr weiten und beschwerlichen Fußmarsch hinter sich hatten, waren sie sehr konzentriert. Mit einfachem Unterrichtsmaterial wurden hier Ethik und die buddhistische Religion unterrichtet.
Angrenzend an diesen Lehrraum, befindet sich auch eine Bücherei, die allen Gemeindemitgliedern zur Verfügung steht. Die Gemeindeschwester, die mehrere Dörfer im Umkreis betreut, musste in Krankheitsfällen für Hausbesuche mehrere Kilometer zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen, was sehr viel Zeit in Anspruch nahm. Sie konnte deshalb nur einmal monatlich das Dorf besuchen.
Heute steht ihr in der Ethikschule ein extra Beratungsraum zur Verfügung, der mit den notwendigen Utensilien ausgestattet ist, von wo aus sie Sprechstunden vereinbaren kann und bei Bedarf Hausbesuche machen kann. Beim Bau der Ethikschule haben einige Handwerker im Dorf durch ihre Hilfe dazu beigetragen, dass die von Sahana veranschlagten Kosten reduziert werden konnten. Die Bereitschaft ist für den Verein eine wichtige Geste.
Bei einem Spaziergang über das weitläufige Gelände der Ethikschule sahen wir auch den Trinkwasserbrunnen, der von „Sahana“ finanziert wurde, sowie eine Zimtplantage. Der Zimtanbau ist ein ziemlich neues Projekt (Start im Februar 2015) des Vereins. Zukünftig ist auch der Anbau von Pfeffer geplant. Die Unterstützung bei Anbau und Vermarktung von Gewürzen soll zur Verbesserung der Verdienstmöglichkeiten der Dorfbewohner und insbesondere der Frauen beitragen.
Am nächsten Tag, dem 7. Tag unserer Reise, brachen wir auf zu einer großen Rundreise durch Sri Lanka, wo wir dann mehr touristische Eindrücke von diesem vielfältigen Land bekamen. Überall wurde uns eine große Gastfreundlichkeit zuteil. Wir sahen viel von einem Land, das uns vorher sehr unbekannt war. Die weitläufigen Landschaften der Insel versetzten uns häufig ins Staunen. Die vielen Sehenswürdigkeiten boten einen beeindruckenden Einblick in das Leben und die Kultur. Zusammen mit den Einheimischen hatten wir unvergessliche Momente. Wir haben urzeitmäßig zusammen mit Einheimischen in deren Lehmhütte gekocht und anschließend auf einem See die überragende Tierwelt erkundet.
Es war also von allem etwas dabei, kulinarisch, kulturell, zwischenmenschlich, geschichtlich und vieles mehr. Mit einem riesen Schatz an neuen Erfahrungen im Gepäck kamen wir zurück und denken jederzeit gerne an die Tage in Sri Lanka zurück. Ein Land, das nach Ende des langjährigen Bürgerkrieges, gerade eine große Entwicklung durchlebt. Weitere Informationen über das Hilfsprojekt finden Sie unter www.sahana-germany.org.“
Foto 1 und Foto 2: Unterricht in der Ethikschule in Miyagala
Foto 3: Familientreffen in Kukulanmulla
Foto 4: Mit dem Bus zwischen Miyagala und Monargala unterwegs
Foto 5: Förderkinder vor der Ethikschule in Miyagala
Foto 6: Gruppenfoto mit Angehörigen der Förderkinder
Foto 7: Wanderung nach Kukulanmulla
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