Festgehalten in der DDR
Ehefrau der Box-Legende René Weller erzählt ihre Geschichte und dankt UN und DRK

Bückeburg/Pforzheim (05.02.21). Sven Lampe, der Vorsitzende des DRK Ortsvereins Bückeburg, schreibt schon seit längerer Zeit regelmäßig Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus Politik, Film, Fernsehen und Sport an, schildert ihnen die umfangreichen Aktivitäten und Projekte des DRK Ortsvereins und bittet um Unterstützung. Die Promis von Stephan Weil, Horst Köhler, Jens Spahn über Per Mertesacker bis zu Uschi Glas schicken Gegenstände wie zum Beispiel signierte Autobiographien oder Trikots, die Lampe auf der Plattform „United Charity“ zugunsten des Ortsvereins versteigern lässt.

So hat Lampe auch die Boxlegende René Weller (67) kontaktiert, der von 1971 – 1980 Deutscher Meister der Amateure war. Weller hat eine Bronze-Medaille bei den Amateur-Weltmeisterschaften in Halle/DDR und eine Silbermedaille bei den Amateur-Europameisterschaften in Köln gewonnen, hat 1976 an den Olympischen Spielen in Montreal teilgenommen.

1980 war er Deutscher Meister sowohl bei den Amateuren als auch bei den Profis! 1980 hat René Weller seine Profilaufbahn begonnen. Von 72 Kämpfen hat er 70 gwonnen. Zehn Jahre lang war Weller Welt- und Europameister und ist ungeschlagen abgetreten. „Nur mit René Weller lassen sich in Deutschland bei Boxveranstaltungen Hallen halbwegs füllen“, hatte die „WELT“ 1985 geschrieben.

Als Muhammad Ali auf einer Sponsorentour in Deutschland war, lobte er den jungen Sparringspartner René Weller („aus dir wird mal ein guter Boxer“). Weller („der schöne René“) gehörte in der Bundesrepublik zu den schillernden Persönlichkeiten, war Filmdarsteller, Musiker und Schmuckhändler. Zu seiner Lebensgeschichte gehört auch, dass er wegen Kokainhandels und Hehlerei von 1999 bis 2003 im Gefängnis gesessen hat.

Zum Telefonhörer hat allerdings Maria Weller, seit 2013 mit René verheiratet, gegriffen und sich bei Sven Lampe gemeldet. Maria wurde 1952 in Stadthagen geboren, ist in Bückeburg aufgewachsen, hat dem DRK eine Menge zu verdanken und konnte gar nicht glauben, dass sich jemand aus der alten Heimat meldet. In einer von Sven Lampe moderierten Telefonkonferenz mit heimischen Pressevertretern am Mittwochnachmittag haben René und Maria Weller aus ihrem Leben berichtet und alle Fragen beantwortet.

Als achtjähriges Kind reiste die kleine Maria Dörk mal wieder in den Sommerferien zu Onkel und Tante nach Köthen in die DDR. Am 31. August 1961 bekam sie die Aufregung mit, als im Radio bekannt gemacht wurde, dass die Grenze mit dem Bau der Mauer dicht gemacht wird.

Versuche der Verwandten, sie in den Westen zurückzuführen scheiterten; und es begann, so Maria Weller, ein „Spießrutenlaufen“. Sie wurde „auffällig“ und galt als Außenseiterin und Einzelgängerin. Maria erhielt Pakete von der Mutter aus Stadthagen mit Kleidung, was für viel Neid bei den anderen Kindern sorgte – eine psychisch schwere Zeit für Maria!

1967 absolvierte sie erfolgreich eine Lehre als Frisörin. 1972 begann sie im staatlichen Rechenzentrum („ich wollte immer mit Computern arbeiten“) der Deutschen Reichsbahn in Halle/Saale. 1975 erfuhr Maria von den Ergebnissen der Helsinki-Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Eine „Familienzusammenführung“ sollte ermöglicht werden; indem „Gesuche gestellt werden können, die so zügig wie möglich behandelt werden.“

Maria hat einen Ausreiseantrag gestellt; bei der zuständigen Behörde sind aber vom BRD-Außenministerium nicht die Geburtsurkunde und weitere Papiere angekommen. Sie hat sofort ihren Arbeitsplatz verloren, der Ausweis wurde ihr unter Androhung von Zwang abgenommen. Sie wurde an die VEB Chemische Werke BUNA strafversetzt, wo sie an einem Hochofen das Thermometer beobachten musste.

„Meine Mutter konnte von Stadthagen aus nichts bewirken“, erinnert sich Maria Weller. Es wurden aber die UN und das Deutsche Rote Kreuz (DRK) eingeschaltet; und es kam Bewegung in die Angelegenheit. Eines Tages erhielt sie eine Identitätsbescheinigung und wurde aufgefordert, die DDR bis 24 Uhr zu verlassen.

Mit einem IC in Hannover angekommen, wurde sie dort vom DRK empfangen und zunächst in der Bahnhofsmission untergebracht. Am nächsten Tag ging es Richtung Stadthagen – der Start in ein neues Leben! Maria hat in Hannover im Rechenzentrum der Technischen Universität und später auch als Journalistin gearbeitet.

Zusammen mit einer Freundin hat sie 1975 eine Disco in Hannover besucht. Dort fiel den beiden ein „wunderschöner Mann, mit geföhntem Haar, einem Lederanzug, mit Goldkette und Diamanten geschmückt“, auf, der selbstbewusst an ihren Tisch kam und fragte: „Was bist du denn für eine Süße?“

„Ein Zuhälter“, sei ihr erster Gedanke gewesen. René Weller, der zu einer Autogrammstunde in der Disco weilte, war zunächst beleidigt. Maria war von den vielen Frauen in Wellers Umfeld irritiert und beendete die Beziehung. 28 Jahre später, im November 2003, klingelte es an ihrer Haustür in Isernhagen und René Weller stand vor der Tür.

„Jetzt heiraten wir“, meinte er zur Begrüßung. „Ich wollte irgendwann nicht länger Freundin oder Geliebte sein und zwischen Isernhagen, Pforzheim und Gran Canaria pendeln, sondern etwas Beständiges“, berichtet Maria Weller, so dass schließlich geheiratet wurde und man in Pforzheim gemeinsam lebt.

„Wie sieht Ihr Alltag in Corona-Zeiten aus?“ René Weller betreibt eine Boxschule, hat noch immer das alte Kampfgewicht eines Leichtgewichtboxers. Er läuft im Wald und hält sich fit. Und Maria Weller? „Herr Weller lässt sich bedienen – das ist er so gewöhnt!“

Sven Lampe bedankte sich für das Gespräch und die zugesagte Unterstützung und hat das Ehepaar Weller zu einem Wochenende nach Bückeburg eingeladen, möglicherweise zur Landpartie oder Weihnachtszauber. Foto: Agentur Weller (1), René Weller (2), mm (3)

Kurz-URL: https://www.bueckeburg-lokal.de/?p=57846

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