Gedenkfeier mit Kranzniederlegung
„Schmerzhafte Erinnerung an Gräueltaten der Nazis“

Bückeburg (mm-10.11.23). Zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht und des Nazi-Terrors hat am Donnerstag eine Kranzniederlegung durch Bürgermeister Axel Wohlgemuth und Pastor Manuel Stübecke am Gedenkstein hinter dem Stadthaus stattgefunden. Die Feierstunde wurde vom Posaunenchor Bückeburg musikalisch umrahmt.

Am 9. November 1938 sind in der sogenannten Reichspogromnacht im gesamten Deutschen Reich jüdische Synagogen, Betstuben, Friedhöfe und Geschäfte vom nationalsozialistischen Regime in Brand gesetzt, zahlreiche Juden misshandelt, verhaftet, in den  Suizid getrieben und ermordet worden. Bürgermeister Axel Wohlgemuth dankte den zahlreichen Anwesenden, darunter viele Schüler und Schülerinnen des Gymnasiums, für ihre Teilnahme an der Gedenkfeier. „Wenn wir der Opfer nicht gedenken, sterben die Menschen ein zweites Mal“, zitierte Wohlgemuth Ignatz Bubis, den 1999 verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden.

„Wir wollen an dieser Stelle aber insbesondere der Opfer gedenken, die in unserer Stadt unter dem braunen Terror gelitten haben“, so Wohlgemuth. Denn auch in Bückeburg habe die Synagoge gebrannt, seien jüdische Männer und Frauen gedemütigt, eingeschüchtert und deportiert worden. „Der Abtransport von Menschen, die man jahrzehntelang als Nachbarn kannte, wurde, wenn nicht mit Begeisterung, dann zumindestens passiv entgegengenommen.“

Es sei, so der Bürgermeister, Menschen wie Klaus Maiwald und seiner Geschichtswerkstatt zu verdanken, dass heute noch die Namen und die Erinnerungen an jüdische Familien wachgehalten wurden. Ohne diese Arbeit wären Namen wie die der Kaufmannsfamilie Wertheim in unseren Köpfen nicht mehr so präsent, wie sie es heute noch sind.

Die Namen und die Schicksale der Familie Wertheim stehen laut Wohlgemuth stellvertretend für die etwa 70 jüdischen Familien, die 1933 noch in Bückeburg lebten. „Für uns sind sie bis heute eine Mahnung, dass sich das, was sich in diesen Jahren in Bückeburg zugetragen hat, nicht wiederholen darf – nicht in Bückeburg, nicht in Deutschland, nicht in der Welt“, betonte Wohlgemuth.

Der Anschlag auf das israelische Volk am 7. Oktober, der größte Massenmord an Jüdinnen und Juden seit der Shoah, habe uns erschüttert, vor allem das Motiv, der blanke Hass gegen alles Jüdische. Der Bürgermeister forderte, „dass wir gerade jungen Menschen unsere Geschichte vermitteln, gegen den Antisemitismus in den Köpfen anarbeiten und dafür Sorge tragen müssen, dass jeder – und erst recht jeder Mensch jüdischen Glaubens – bei uns in Freiheit und Sicherheit leben kann“. Sonst bleibe ein „Nie wieder“ nicht mehr als ein Lippenbekenntnis.

„Es ist nicht leicht, für den Frieden einzustehen und an ihm festzuhalten, wenn man über Jahre in Decken des Friedens eingekuschelt war“, erinnerte Pastor Manuel Stübecke an den lutherischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der am 9. April 1945 im KZ Flössenbürg verstorben ist. Der Krieg komme, so der Pastor, nicht immer mit einem lauten Knall, sondern manchmal auf leisen Sohlen.

Er habe, so Stübecke, vor zehn Jahren in Siebenbürgen/Rumänien studiert, als der Überfall Russlands auf die Krim auf leisen Sohlen passierte. „Plötzlich fehlen Leute, die kurz vorher noch da waren“. Nach dem Überfall auf Israel sei gefragt worden, ob man dies nicht hätte ahnen können, es habe zuvor eine Übung der Hamas an der Grenze stattgefunden – „eingekuschelt in Decken des Friedens“.

„Während der NS-Zeit haben wir als Kirche Schuld auf uns geladen“, räumte der Pastor ein und sprach aus dem Psalm 69: „Gott hilf uns, das Wasser steht uns bis zum Halse …“

 

 

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