„Integration ist eine Herkulesaufgabe“Fachgespräch mit Doris Schröder-Köpf (MdL)
Stadthagen/Landkreis (mm-19.09.17). Der Landtagsabgeordnete Karsten Becker hatte zu einem Fachgespräch mit der SPD-Landtagsabgeordneten Doris Schröder-Köpf nach Stadthagen eingeladen. Schröder-Köpf, seit viereinhalb Jahren Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe in Niedersachsen, war kompetente Ansprechpartnerin für Vertreter der Berufsbildenden Schulen, AWO-Kreisverband, DRK-Kreisverband, Job Center, Agentur für Arbeit und Diakonisches Werk. Ziel des etwa zweistündigen Gesprächs war der Austausch von praktischen Erfahrungen aus den Bereichen Sprachförderung, Begleitung von Flüchtlingen, Projektarbeiten und berufliche Integration.
„Sorgen ja, aber keine Ängste“, berichtete Doris Schröder-Köpf von den Ergebnissen einer Umfrage, dass die Ängste in Niedersachsen nicht so groß sind wie in anderen Bundesländern und nicht das Thema Integration an erster Stelle in der öffentlichen Diskussion steht, sondern Bildung. Obwohl Bund und EU für die Integration verantwortlich seien und das Land keine gesetzgeberischen Kompetenzen habe, gäbe es für sie unendlich viel zu tun.
Deutschland sei eines der größten Einwanderungsländer der Welt, die Strukturen seien aber nicht angepasst worden. So sei beispielsweise das Schulsystem nicht geeignet. „Wir produzieren Frustration bei Lehrkräften und Kindern – wir wollen es besser machen“, so die Landesbeauftragte. „Wir erhalten eine Generation von Kindern, die nirgendwo richtig zu Hause ist – das kann nicht sein“, meinte Schröder-Köpf und forderte „ein Einwanderungsgesetz auf Bundesebene“. Die Integration würde dann am besten gelingen, wenn die Flüchtlinge im Familienverbund hier sind.
Kritisiert wurden in der Gesprächsrunde die „langen Wartezeiten auf Integrationskurse“. Frauen könnten nicht daran teilnehmen, wenn es keine Kinderbetreuung gibt. Immer wieder wurde betont, „dass es ein gut funktionierendes Netzwerk in Schaumburg“ gibt. Gefordert wurde eine Unterstützung der Ehrenamtlichen, nachdem diese sich gelegentlich schon für ihre Arbeit rechtfertigen müssen. Aus dem Bereich der Schulen kam der Hinweis, dass 80 Prozent der Flüchtlinge im Alter von 17 bis 25 Jahre sind, „alle ohne Schul- und Berufsausbildung“.
Der Bund zahlt für Sprachkurse bei einer „guten Bleibeperspektive“, das Land macht laut Schröder-Köpf da keinen Unterschied. „Es geht um den sozialen Frieden – Integration ist eine Herkulesaufgabe“, weiß sie. „Geld gehört an die Kommunen und an die Schule, dort wo die Menschen leben und eine Schulleitung entscheidet, wo Geld benötigt und eingesetzt wird“, meinten Schröder-Köpf und Becker übereinstimmend.
Die Pläne der CDU/CSU und FDP, sich aus der Finanzierung von Sprachkursen zurückzuziehen und keinerlei Familiennachzug zuzulassen, sind für Doris Schröder-Köpf der „reinste Horror – diese Menschen mit ihrem Frust haben Sie dann in Ihren Kommunen!“
Foto1: Karsten Becker bedankt sich bei Doris Schröder-Köpf für ihren Besuch in Stadthagen.
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