„Kirche gewinnt an Stärke und Profil in der Minderheit“9. Jahresempfang der Landeskirche
Bückeburg (sh-01.07.19). In diesem Jahr stand der Jahresempfang der Ev.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe unter dem Stichwort Ehrenamt im Sport. Landesbischof Dr. Karl-Hinrich Manzke freute sich bei seiner Begrüßung über rund 700 Gäste. „Hans Leyendecker ist einer der renommiertesten Journalisten, ein Protestant, ein Ökumeniker mit weitem Herzen“, stellte Manzke den Referenten vor. Der Journalist ist Präsident des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentages, von dem er gerade gekommen ist.
Was erwarte Ich von der Evangelischen Kirche heute? Leyendecker widmete sich in seinem Vortrag der Frage, was der Kirche Mut für die Zukunft gebe. Er begrüßte im Eingang mit einem Zitat von Pastorin Sandra Bils, die am Kirchentag ihre Predigt mit: „Wir sind Gottes geliebte Gurkentruppe“ begann.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Deutsche Bischofskonferenz hatten kürzlich eine Untersuchung der Universität Freiburg zur Kirchenmitgliedschaft veröffentlicht, die besagt, dass die evangelische und katholische Kirche im Jahr 2060 voraussichtlich 50 % weniger Mitglieder haben werden als heute. Die Not der katholischen und evangelischen Kirche werde die Christen viel mehr zusammen bringen, ist er sich sicher.
Es sei darum eine neue ökumenische Dynamik zu erwarten. „Ich kenne viele Pfarrerinnen und Pfarrer, die mit großer Energie bei der Sache sind. Doch Jammern und Mäkeln über viel Arbeit und mangelnde Teilnahme an Gottesdiensten stehen ihnen schlecht an, Sie haben doch Visionen in der DNA“, machte er seinen Zuhörerinnen und Zuhörern Mut. „Gehen Sie an die Kraftquellen und entjammern Sie die Kirche!“
Kirche brauche neue Angebote für 25 bis 40-Jährige in deren Sprache. So sollten Pfarrerinnen und Pfarrer darüber nachdenken, wie man diese Zielgruppe zu großen kirchlichen Festen besser ansprechen könne. „Für mich ist es überzeugend, wenn Verkündigung und Diakonie Hand in Hand gehen“, meinte er.
Die Gemeinden müssten heute mehr schauen, welche Angebote vor Ort gebraucht würden. In der Kommunikation sollte sich die Kirche, genau wie der Journalismus, intensiver der Digitalisierung stellen und auch hier die Chancen für den Dialog nutzen, empfahl er. „Wir hüten als Christen einen Schatz des Vertrauens“, unterstrich Leyendecker. Das Mitgehen, aufeinander Achten und gegenseitige Aufrichten mache die Stärke der Kirche aus. „Kirche gewinnt an Stärke und Profil in der Minderheit“, zeigte er sich überzeugt. Und zu seinem Eingangszitat sagte er zum Schluss: Auch Gurken können reifen und wachsen!
Mit Erwartungsdruck und Scheitern umgehen lernen – Isr Erfolg alles? Nach zwei Musikstücken der Landeskirchliche Jugendband unter der Leitung von Ulrich Meyer hielt die Schwimm-Olympiasiegerin Britta Steffen ihr Referat: „Erfolg ist alles!? Mit Erwartungsdruck und Scheitern umgehen lernen. Die Schwimmerin Britta Steffen, umstritten, umjubelt, kämpfte jahrelang um sportliche Anerkennung.
Sie war kein hochgelobtes Wunderkind, das einen Erfolg nach dem anderen erzielte. Ihr Weg ist von Brüchen geprägt. Hatte sie bei den Jugend-Europameisterschaften 1998 und ’99 Gold gewonnen, verschwand sie in der folgenden Zeit von den Siegestreppchen – zumindest auf internationaler Ebene. Weder bei den Olympischen Spielen 2000 noch 2004 konnte sie bedeutende Leistungen erbringen.
Sie holte sich Rat bei einem Mentaltrainer und arbeitete an ihren Glaubenssätzen. Erst 2005 begann sie wieder mit ihrem Schwimmtraining. Ein Jahr später war sie zurück, 2006 sollte Britta Steffens Jahr werden. Bei den Europameisterschaften in Budapest holte sie insgesamt vier Goldmedaillen und eine Silbermedaille. Im Finale schwamm sie Weltrekorde und wurde zur erfolgreichsten Sportlerin der gesamten Meisterschaft.
Die Brüche in ihrem Leben haben ihr erst den Sinn gegeben. Nichts ist ewig, und der heutige Sieg kann morgen schon vorbei sein. Ihre Mutter habe ihr immer wieder im Leben gesagt: Bleib auf dem Teppich und schon Morgen kannst du die Verliererin sein.
, Im Interview mit Hans Leyendecker stellte sich in den Fragen immer wieder eines heraus: Das wichtigste war für Steffen, sich immer wieder auf sich zu konzentrieren und den Blick nie auf das Wesentliche zu verlieren. Ihr ist noch immer ein Spruch im Poesiealbum von einer Mitschülerin in Erinnerung die ihr schrieb: „Das Lächeln der Sieger sind die Tränen der Verlierer.“ Zur Dopingproblematik sagte sie zum Schluss: „Man hatte mal in meiner aktiven Sportlerkarriere zu mir gesagt: Ohne Mittel keinen Titel.“ Sportler seien leider sehr leicht zu manipulieren. Sie haben wenige Bezugspersonen und wissen oft nicht, ob sie denn nun die richtigen Personen um sich haben. „Und wenn die dann sagen: Hier nimm das, das tun andere auch, dann kann das mit dem Doping leider auch passieren. Ich bin seit 2017 Mutter eines Sohnes. Ich möchte Vorbild sein und ich habe mich dazu entschlossen, ich kehre vor meiner eigenen Haustür. Ich gehe keine anderen Sportler an, das ist nicht mein Stil.“
Der lange Applaus der Gäste zollte Steffen Respekt. Danach überreichten Manzke, Leyendecker und Steffen die Ehrungen an die zahlreichen Geehrten. Mit stimmungsvoller Musik wurden mit Würde und Ehre die Menschen ausgezeichnet, die im Sport ihr Ehrenamt ausführen.
Da die Temperaturen in der Stadtkirche unerträglich wurden, ging man schnell nach dem Segen zum lockeren Teil des Empfanges über, wo schon Getränke, Fingerfood und Bratwürste auf die Gäste warteten. Die Ratsband Stadthagen und die Büsching-Street Big-Band Stadthagen unter der Leitung von Andreas Meyer spielten für die Gäste, die sich im Festzelt an Tischen und Bänken unterhalten konnten. Auch vor den Zelten an den Stehtischen gab es viele Gespräche und Zusammenkünfte.
Der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe ist wieder einmal ein toller Jahresempfang gelungen mit vielen Gästen und zwei hervorragenden Referenten, deren Aussagen noch lange in die Kirchengemeinde schallen, so Landesbischof Manzke abschließend.
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