Krankheit führt verstärkt zu Armut
Sozialarbeitertagung in der Bückeberg-Klinik

Bad Eilsen (mm-24.11.17). Nachdem Geschäftsführer Ralf Schönwald am Mittwoch alle Anwesenden zu Beginn einer Sozialarbeitertagung in der Bückeberg-Klinik an der Wiesenstraße in Bad Eilsen begrüßt hatte, hat Sibylle Kraus, Vorstandsmitglied der Deutschen Vereinigung für Soziale Arbeit, über die neuesten Ideen zum Entlassmanagement und die Realität in den Krankenhäusern berichtet. Im Mittelpunkt des Vormittags stand der Vortrag von Jürgen Walther, Leitung des Sozialdienstes am Nationalen Center für Tumorerkrankungen in Heidelberg, zum Thema: „Plötzlich war die Sorge ums Geld größer als die Angst vor Krankheit. Armutsrisiko Krankheit – Wie wichtig ist professionelle soziale Unterstützung?“

Zu Beginn seines Vortrages zeigte Jürgen Walther auf, dass ein geringes Einkommen oft verbunden ist mit ungünstigen Lebens- und Wohnverhältnissen, ungesunden Ernährungsgewohnheiten und Bewegungsarmut, was zu hohen physischen, psychischen, sozialen Belastungen und auch in der Folge zu höheren Sterblichkeitsrisiken führt. „Bei Erwachsenen führt Krankheit verstärkt zu Armut, bei Kindern führt Armut in ihrem späteren Leben häufiger zu Krankheiten!“

Nach einem Armutsbericht des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes aus 2017 liegt die Armutsschwelle bei 942 Euro im Monat. Danach gelten 15,5 Prozent der Bevölkerung in Deutschland als armutsgefährdet. Trotz einer steigenden Wirtschaftsquote und sinkenden Arbeitslosenzahlen wächst die Armutsquote. Anhand von Fallbeispielen zeigte der Referent die körperlichen, psychischen, familiären, sozialen und auch finanziellen („Krankengeld, Erwerbsunfähigkeitsrente, Hartz IV, Grundsicherung“) Belastungen durch eine Krebserkrankung auf.

„Das Prinzip der Zuzahlung ist die Axt an der Wurzel der Solidarität“, zitierte Walther einen Bericht der Süddeutschen Zeitung. Das Prinzip der Zuzahlung und Eigenbeteiligung sei eine Ursache für die finanziellen Belastungen durch eine Erkrankung. Ein weiterer Grund kann der Konflikt Krankengeld – Erwerbsminderungsrente sein.

Die Krankenkassen fordern laut Walther die Patienten immer früher auf, einen Reha-Antrag zu stellen (§ 51 SGB V), mit dem Ziel, Menschen aus dem Krankengeld in Rente zu bringen. Es gilt, die Patienten über die Rechtsfolgen dieser Vorschrift zu informieren und eventuelle Widerspruchsmöglichkeiten aufzuzeigen. 35 bis 40 Prozent von Krebspatienten erkranken im erwerbsfähigen Alter.

Eine dritte Ursache für die finanzielle Belastung durch eine Erkrankung ist das niedrige Niveau der Erwerbsminderungsrente. „Ein deutlicher Anstieg ist bei der Bedeutung von Krankheiten als wichtigster Faktor für eine Überschuldung festzustellen“, meinte Walther mit Hinweis auf den iff-Überschuldungsreport 2016. Für die tägliche Arbeit von Sozialarbeitern hält es Jürgen Walther für wichtig, frühzeitig die Risikogruppen zu identifizieren: Frauen, Alleinerziehende und (Klein-)Selbständige.

Zum Abschluss seines Vortrages zitierte Walther aus dem „Tagesspiegel“: „Viele Krebskranke überleben heute ihre Tumore, doch was kommt dann? Das neue Tabu heißt nicht mehr Tod. Es heißt ‚Armut‘!“

Foto 1: Ralf Schönwald (v.li.) mit Sibylle Kraus und Jürgen Walther

 

Kurz-URL: https://www.bueckeburg-lokal.de/?p=35757

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