„Politik mit klarer Kante ist mir lieber“
Karsten Becker (MdL) im Gespräch mit der BIPAB65

Nienstädt (mm-27.07.21). „Wir haben uns in einer ausgesprochen freundlichen und konstruktiven Atmosphäre über die Anliegen und Sichtweisen der BIPAB65 austauschen können. Für mich sind die vorgetragenen Befürchtungen über neue Belastungen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger absolut nachvollziehbar“, sagte der Landtagsabgeordnete Karsten Becker (SPD) am Ende eines Gespräches mit den BIPAB65-Vertretern Hinrich Gottschalk, Ernst Wilkening, Joachim Quandt und Kristin Kolbe-Schade.

In dem zukünftigen Planungsdialog werde es, so Becker weiter, wesentlich darauf ankommen, „Lösungen zu finden, um neue Belastungen möglichst gering zu halten und so zu einem für alle Bürgerinnen und Bürger verträglichen Ausgleich der Interessen in einem von hoher Verkehrsbelastung betroffenen Ort zu kommen.“

Die Hauptthemen in dem Gespräch waren die Forderung des Bündnisses Verkehrsinitiativen nach einem sofortigen Stopp von Straßenneu- und -ausbau aufgrund des Urteils und neuer Gesetzgebung zum Klimaschutz, damit der Bundesverkehrswegeplan 2030 in dieser Hinsicht neu überprüft werden kann.

Karsten Becker hält den Klimaschutz für essentiell. Allerdings habe der Landtag keine gesetzgeberischen Kompetenzen für den Ausbau der Bundesfernstraßen. Die Umgehungsstraße Nienstädt sei ein Beispiel für ein vor langer Zeit geplantes Projekt, das nun viel später umgesetzt werden soll. Die Planung soll voraussichtlich in 2022 beginnen; die Datenbasis aus dem Bundesverkehrswegeplan ist aber aus 2005, also bereits 16 Jahre alt.

Der Landtagsabgeordnete findet es „unglücklich“, wenn Projekte vor langer Zeit beschlossen werden und die Umsetzung sich dann so lange hinzieht wie in diesem Fall. Ihm liege als Politiker immer ein Interessenausgleich am Herzen; denn auch in Nienstädt gibt es aus seiner Sicht eine bipolare Situation mit Befürwortern und Gegnern der geplanten Straße.

Die Sprecherin der BIPAB65, Kristin Kolbe-Schade, trug alle Argumente wie Reduzierung von Verkehrsmengen, Unfallzahlen und Lärm vor, aber auch die negativen Folgen für Natur, Tiere, Landwirtschaft und Lebensqualität der Bürger. Auch die zum Teil nicht verständliche Berechnung des Projektes im Bundesverkehrswegeplan sowie die fehlende Transparenz und Gesprächsbereitschaft einiger Lokalpolitiker wurden von der BIPAB65 kritisiert.

Becker wies aber darauf hin, „dass das Projekt eine hohe Priorität hat und mit dem Bundesverkehrswegeplan gesetzlich verankert ist.“ Als örtlichem Landtagsabgeordneten seien für ihn die demokratisch zustande gekommenen Beschlüsse auf Kommunal- und Bundesebene handlungsleitend.

Auf die Kommunalwahl im September angesprochen, antwortete Becker, dass sich die Nienstädter SPD vor dem Hintergrund der hohen Belastung des Ortes seit Jahrzehnten für eine Umgehungslösung einsetze und hier auch deutlich erkennbar Kurs halte. Ihm sei eine „Politik mit klarer Kante“ jedenfalls lieber als ein Herumlavieren, wenn der Wind auch mal von vorn komme.

Karsten Becker ist auch auf die Argumente der SPD Nienstädt für den Bau eingegangen, was die politische Haltung der Gemeinde Nienstädt für die Vertreter der BIPAB65 verständlicher machte. Vor allem wies er als Vorteil aus, „dass eine Ortsentwicklung möglich gemacht werde, wenn die Umgehungsstraße steht und der neue Straßenbaulastträger – voraussichtlich der Landkreis oder die Gemeinde – dann die vier Spuren auf zwei Spuren zurückbauen könnte, um somit großzügige Verkehrs- und Aufenthaltsflächen für Fahrradfahrer- und Fußgängergestalten zu können. Damit könne auch die aus seiner Sicht ausgesprochen unerfreuliche Trennwirkung der B65 und die subjektiv empfundenen Verkehrsgefahren für die Bürgerinnen und Bürger verringert werden.

Die BIPAB65 stellte klar, dass sie aufgrund der aktuellen finanziellen Situation der Gemeinde Nienstädt und der sehr hohen Kosten für den Rückbau nicht an die Finanzierbarkeit glaubt und daher auch nicht daran, „dass überhaupt in irgendeiner Form die B65 verändert wird, so dass nachher als Folge eine Mehrbelastung aller Bürger entstehen wird, da es eine vierspurige Straße und zusätzlich eine dreispurige Straße geben wird, was zu mehr Verkehr insgesamt führt.“

Becker wies darauf hin, dass natürlich Verkehr im Ort bleiben wird, da es Anbindungen an Obernkirchen, Meinefeld, Wendthagen etc. gibt. Wie viel Entlastung entstehen könnte, werde die neue Erhebung der Straßenbehörde ergeben. Der Landtagsabgeordnete der SPD betonte, dass ihm die Lebensqualität der Bürger sehr wichtig ist, sowohl der momentan Betroffenen im Ort als aber auch der nach Bau neu belasteten Bürger in mehreren Gemeinden.

„Selbstverständlich müssen diese die gleichen Lärmschutzmaßnahmen erhalten, wie sie die Anwohner der alten B65 bereits bekommen haben“, betonte Karsten Becker. Foto: pr

Foto: Karsten Becker im Gespräch mit Vertretern der BIPAB65

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